Juneteenth- wer hat schonmal davon gehört? Auf den Futter-Seiten der New York Times, die ich wärmstens empfehlen kann, fand sich ein Foto von einem gebackenen Erdbeerkuchen und ausführliche Informationen warum gerade dieser Kuchen bestens geeignet ist zu Juneteenth serviert zu werden.
Juneteenth,
was hat es also damit auf sich? Begeben wir uns in die Vereinigten Staaten von Amerika, genauer nach Galveston, Texas, gute 150 Jahre zurück- dort wurde am 19. Juni 1865 nach der Kapitulation der Südstaaten durch einen Major General Gordon Granger folgender Satz verlesen:
“The people of Texas are informed that, in accordance with a proclamation from the Executive of the United States, all slaves are free”
Seither wird- mal mehr, mal weniger intensiv- die Zeit um den 19. Juni als Tag der Befreiung gefeiert. Mit Gottesdiensten, mit Gospelgesängen und Konzerten, mit Barbecues. Kirchen und deren Kirchhöfe dienten oftmals als Schauplätze dieser Festivitäten- und tun es noch.
Aus Texas stammt, so heißt es, der Brauch rote Speisen und Getränke zu den Festivitäten um diesen Tag der Freiheit zu kredenzen. Die Farbe Rot erinnert an das Durchhaltevermögen, den Überlebenswillen und Überlebensmut der die schwarze Bevölkerung durch die Zeiten der Sklaverei getragen hat.
Ein Feiertag, Festivitäten, von gemischt-kirchlich-weltlichem Ursprung, dessen Unbekanntheit hierzulande mir Grund genug erschien mein „rotes “ Gericht zu Peters „aus meinem Kochtopf“ Event
„Religionen der Welt kulinarisch“
zu schicken.
Hier nun also meine Version des
Strawberry Slab Pie
zu deutsch in etwa: hingeklatschter Erdbeerkuchen. Meine Vorgehensweise war wie folgt:
Zunächst widmete ich mich der Pie Crust für Boden und Decke, ein Teig ähnlich unsrem Mürbeteig aber doch anders. Ich nahm- nachdem ich mit Erschrecken feststellte weder Typ 550 noch 405 Mehl war in der Speis‘ zu finden-
150g Ruchmehl (Typ 1200)
200g Rimacinata (italienischer Nudelgrieß aus Hartweizen)
25 g braunen Zucker
5g grobes Meersalz
ungefähr 1 Tl grob gemahlenen Pfeffer
vermischte dies alles auf der Arbeitsfläche und gab dann
225g kalte Butter auf die Mehlmischung. Zunächst hackte ich die Butter mit einem langen Messer unter den Teig, knetete dann mit den Händen weiter und fügte nach und nach
25 ml Kirschwasser
ungefähr 125 ml kaltes Wasser hinzu. Geknetet hab ich nur so lange bis sich ein Teig-Klops formen ließ, Butterstückchen dürfen durchaus noch erkennbar sein. Wer schon einmal Quarkblätterteig gemacht hat weiß was ich meine…. Der Teig-Klops durfte nun für eine gute Stunde in den Kühlschrank. und ich ging los, Erdbeeren kaufen.
Wieder zurück, rechnete ich zunächst einmal aus welche meiner eckigen Formen ungefähr 8×11 inches Fläche entsprechen könnte, die Wahl fiel auf die quadratische Springform die so auch einmal wieder zu Ehren kam. Mit Backspray eingesprüht, wartete sie geduldig den Teig aufnehmen zu dürfen. Ungefähr 3/4 des gekühlten Teigs rollte ich aus, so groß dass ich Boden und Rand der Form damit einkleiden konnte.
Aus dem restlichen Teig stach ich mit Gläsern unterschiedlich große Kreise aus. Beide Teig-Komponenten wanderten wiederum in den Kühlschrank, derweil ging es an die Vorbereitung der Füllung.
Hierfür habe ich den
Saft von 1/2 Grapefruit mit
40g braunem Zucker
1 El Stärke
1/2 Tl frisch geriebenem Ingwer
1/2 Tl Vanille-Extrakt
1/2 Tl Salz
2 Tl Zitronensirup (Rest von hier) gut verrührt.
1 kg Erdbeeren wurden geputzt und je nach Größe geviertelt oder halbiert
250g Himbeeren gewaschen und beides miteinander mit der Flüssigkeit gut vermischt. In die Backform kam vor den Beeren eine dünne Lage aus ungefähr
2-3 El Müsli, dann die Beerenmischung, die hochstehenden Teigränder wurden umgeschlagen, gebacken wurde bei 190°. Nach 25 min nahm ich die Teigkreise aus dem Kühlschrank, mit
Buttermilch eingestrichen, versuchte ich sie sodann mehr oder minder malerisch auf dem vorgebackenen Kuchen zu verteilen. Nach weiteren ungefähr 50 min Backzeit sah alles sehr appetitlich aus- und ein Duft! Gar herrlich.
Genossen haben wir diesen ungewöhnlichen Kuchen mit einer Vanille-Yoghurt-Quark-Creme, Vanille-Sahne oder Eis passen bestimmt ebenfalls ganz hervorragend. Das Fruchtaroma kommt durch den geringen Zuckergehalt sehr fein raus, und die Gewürze fügen sich sehr harmonisch ein. So wie anhängende Musik diesen Artikel erst vollständig erscheinen läßt.
Abgesehen davon, dass ich jetzt ein Stück von diesem Kuchen vertragen könnte, habe ich jetzt auch richtig was gelernt. Danke :-).
oh bitte, gerne! Ich hätte sogar noch ein Stückchen übrig…
Eine wunderbare Story, die ich auch noch nicht kannte, und ein phantastischer Kuchen. Leider hätte als Song aus „Strange Fruit“ gepasst. Denn mit der Befreiung der Sklaven war die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung ja leider noch nicht vorbei. Billie Holidays Version von Strange Fruit macht mich immer fix und fertig… Hab ein schönes Wochenende & danke, dass Du mal wieder meinen Horizont erweitert hast!
oh ganz gern geschehen- und den Song höre ich mir gleich mal an- kenne ich nämlich garnicht. Dass sich so eine Situation gesellschaftlich nicht so schnell ändert- keine Frage. Vor ein paar Jahren hab ich schonmal eine Rezension über „the help“ geschrieben, da ging es auch um diese Thematik.
den film habe ich gesehen. aber wie auch „hidden figures“ bleibt bei dieser art hollywood-filmen immer ein schaler beigeschmack. die charaktere sind häufig doch arg stereotyp…
Deswegen lese ich lieber… Roots, fantastisch; auch „the help“ (Gute Geister“ auf deutsch) und es gibt bestimmt noch vieles mehr.
Roots fand ich als Buch furchtbar langatmig. Ich mochte Fred D’Aguiars „Futter für die Geister“. Sehr sprachgewaltig!
kenn ich nicht, schau ich mir an…. Roots hab ich auf englisch gelesen, lange nach dem Film.
es gab zuletzt eine neuauflage der serie. die war recht brutal u. natürlich arg gekürzt. aber ich fand sie spannend gemacht.
Ein Bildungsposting! Super. Danke dafür.
Und ich darf das Ruchmehl durch normales Allzweckmehl ersetzen?
klar, liebe Susi, wäre ich nicht so schusselig hätte ich auch normales Mehl (hier typ 550) verwendet- dasselbe wie für den Quarkblätterteig. Überhaupt ist die Vorgehensweise ähnlich, nur eben statt Quark kommt hier Alk und Wasser dazu.
Im Mehltypen-Zweifelsfall einfach Tante Karin’s Mehltypen-Übersetzung zu Rate ziehen – das Equivalent für amerikanisches All-Purpose Flour ist das deutsche Typ 550 Mehl: http://brotandbreaddeutsch.blogspot.mx/2012/05/mehltypen-ubersetzung-meine.html
Übrigens, don’t slap this pie – die Pie ist nicht rund, sondern eine Platte (slab) :)
[…] Rot für Stärke in schweren Zeitenvon Anna C. , Anna Antonia – HerzensangelegenheitenWarum uns Anna C. eine „rote Speise“ serviert und was das überhaupt ist, das wird in diesem Beitrag erklärt. Zu essen gibt es auch etwas. Und zwar einen Strawberry Slab Pie… […]
Eine tolle Geschichte und Malerin ganz anderer Kuchen. Herzlichen Dank für diese kulinarische Geschichtsstunde!
Sch**** Autokorrektur. „mal ein ganz anderer“, nicht „Malerin“!
schön, dass sowas auch einer Profi passiert….hihi
ja Genaus deshalb hab ich das ja ausgesucht
Leckerer Kuchen! Und wir hatten uns gerade noch gewundert, woher der sonderbare Begriff „Juneteenth“ kommt (mein amerikanischer Mann wusste es auch nicht). Nun sind wir schlauer!
Kleine Anmerkung: der Slab Cake wird nicht hingeklatscht (slapped), sondern wird in einer Platte (slab) gebacken 😊
und wieder was gelernt- von beiden Seiten!
Allerdings haben wir einen großen Drang zum Slapping: unseren Dear Leader und seine Kohorten 😉🙄😣